Die Unternehmensberatung galt jahrelang als „People Business“, getreu dem Grundsatz, dass Kundenbeziehungen nur auf persönlicher Ebene geschaffen, vertieft und langfristig gepflegt werden können. Was hat Corona mit der Unternehmensberatung gemacht, während Sicherheitsabstand und hybrides Arbeiten die Norm wurden und welche Veränderungen werden die Zukunft des Consultings prägen?
Wie veränderte sich die Beratung während der Pandemie?
Selbstverständlich änderte sich der Berateralltag während der Pandemie. Reisetätigkeiten mussten massiv eingeschränkt werden und digitale Meetings und Workshops über neuartige Videokonferenz-Tools wurden schrittweise zur Normalität. Durch die Krise ist die kundenseitige Akzeptanz für digitale Zusammentreffen im Rahmen von Projekten deutlich angestiegen. Stimmen wurden immer lauter, dass Berater anscheinend doch von überall arbeiten können. Mag sein, doch zur ganzen Wahrheit gehört auch, dass der zwischenmenschliche Austausch zwischen Berater und Kunden völlig abhandenkam und dadurch die persönliche Bindung außerhalb des Geschäfts kaum mehr aufgebaut werden konnte.
Nichtsdestotrotz gewannen Online-Meetings bezüglich ihrer Effizienz- und Produktivitätssteigerung immer mehr an Berühmtheit, unter anderem wegen des Wegfalls von Kaffeepausen, Reisewegen und Morning Coffee Talks. Die Zeit der Lockdowns wurde für viele Arbeitnehmer oder gar Studierende motivationshemmend und führte zu Herausforderungen in der Kommunikation, auf die viele nicht vorbereitet waren: stockender Austausch von Informationen, häufige Missverständnisse und die fehlende nonverbalen Kommunikation im persönlichen Gespräch.
Nachdem Covid-19 zu Beginn des Jahres 2020 unerwartet den Alltag der Geschäftswelt und auch der Beraterbranche mit noch nie dagewesenen Herausforderungen konfrontierte, stellt sich nun die Frage nach der Zeit danach. Gehen wir „Back to Normal“ und wie wird der neue Alltag eines Unternehmensberaters aussehen?
Wie könnte sich der Berateralltag langfristig verändern?
Eine komplette Abschaffung der persönlichen Termine ist unrealistisch. Es ist davon auszugehen, dass sich zukünftig eine hybride Arbeitsform in der Beratung durchsetzen wird. Geschäftsreisen werden wieder stärker nachgefragt werden, um persönliche und kommunikative Hindernisse zu umgehen. Außerdem ist die Reisetätigkeit stark abhängig vom individuellen Projekt und sollte selbstverständlich flexibel anzupassen sein. Apropos Flexibilität: Adaptierfähigkeit, Digital-Expertise sowie Flexibilität am Arbeitsplatz sind nur einige von vielen Skills, welche aufgrund der aktuellen Weltgeschehnisse immer bedeutender in der Arbeitswelt werden.
Nicht nur der Job als Berater selbst unterliegt großen Veränderungen. Gemäß den Aufgaben eines Beraters, das Geschäft der Kunden krisensicher mitzugestalten und diese bei notwendigen Transformationen die Hand zu reichen, wird laut Branchenexperten des BDU der „Unterstützungsbedarf bei Rekonstruierung und Reorganisation“ signifikant steigen. „Gerade für jene Unternehmen wird 2021 zum Schicksalsjahr werden, die bereits vor Ausbruch der Pandemie in schwierigem Fahrwasser waren und nun unter der doppelten Last leiden“ (Nils Kühlwein, Kearney).
Einige Branchen stehen weiterhin vor großen Unsicherheiten und einer kommenden Welle an Umwälzungen, wie etwa die Reise- und Tourismusbranche. Auch in den Beratungsfeldern IT-Anwendung, digitale Prozessoptimierung, Reorganisation, Infrastruktur oder Changemanagement werden jeweils etwa 10% Umsatzsteigerung prognostiziert, wie der BDU in einer Pressemitteilung in Aussicht stellt, weshalb Veränderungen in diesen Bereichen von hoher Bedeutung sind.
„Können Sie mich hören“ oder „Kann man meinen Screen sehen“ werden nun voraussichtlich seltener die ersten Worte eines Kundentermins schmücken. Nichtsdestotrotz ist die Online-Welt ein nunmehr nicht wegzudenkendes Tool für eine moderne Arbeitswelt und sollte geschickt in die Transformation einer erfolgreichen Beraterbranche eingegliedert werden.
